1972 war die Wahl zum Bürgermeister nicht wie sonst üblich im März – nein sie wurde wegen der Gebietsreform, die sich bis Ende des Jahres 1971 hinzog, in den Monat Juni verlegt und die neue Legislaturperiode begann am 01.07.1972.
In Thundorf war bekannt, dass der bisherige Bürgermeister Herr Aquilin Bonfig, sich nicht mehr für eine weitere Periode zur Wahl stellt. Er machte Altersgründe dafür geltend. Er war 1910 geboren und wäre bei der Wahl 62 Jahre alt gewesen, er hätte also noch ohne weiteres eine Wahlperiode anhängen können und wäre zum Ende der Periode dann 68 Jahre alt gewesen.
Zu seinem Alter kam aber sicherlich auch noch, die bereits angeschlagene Gesundheit und das heftige Gerangel zur Gemeindegebietsreform hatte Bonfig amtsmüde gemacht. Er war ein Befürworter der Einheitsgemeinde und wäre sicher gerne als letzter Bürgermeister von Thundorf in die Geschichte eingegangen. Zwei Tage vor dem Wahltermin erfuhr ich, dass ich als möglicher Kandidat für das Bürgermeisteramt im Gasthaus Pfennig genannt wurde.
In Thundorf gab es bei dieser Wahl noch keine Wahlvorschläge. Es wurde mit Zetteln als Anschlag und Texte auf die Straßen und Gehwege gemalt. So wurde Reklame für die Kandidaten gemacht. Ich beauftragte meinen Freund Rudolf Halbig, dafür Sorge zu tragen, dass sämtliche öffentliche Reklame für mich in der Nacht vor der Wahl entfernt wird, denn ich wollte nicht Bürgermeister werden. Als Belohnung hatte ich Freibier für das Entfernen der Reklame für mich in Aussicht gestellt.
Am Walsonntag früh habe ich meine Verwandtschaft, meine Schwester Steffi mit Familie und Christel Saal mit Familie und Engelbert Rink ebenfalls mit Familie aufgefordert nicht zur Wahl zu gehen, oder zumindest mich nicht zu wählen. Auch meine Frau ging nicht zur Wahl und ich selbst ging nach Weichtungen zum Sonntagsgottesdienst und blieb ebenfalls der Wahl fern.
Am Sonntagabend, war ich im Schweinestall beschäftigt, weil eine Muttersau ferkelte. Auf einmal hörte ich Personen im Hof reden, ging hinaus und erblickt etwa 30 Personen die mir gratulieren wollten. Dabei waren meine drei Brüder Anton, Philipp und Ludwig. Diesen drei sagte ich unmissverständlich, nachdem ich annahm dass diese mitgemischt hatten, dass ich sie zukünftig nicht mehr auf meinem Hof sehen will. Die Blaskapelle spielte ein Ständchen und gratulierte ebenfalls.
Fakt war: Beim ersten auszählen der Stimmzettel hatte kein Kandidat die absolute Mehrheit. Da aber für mich nur eine Stimme zur Mehrheit fehlte, hat der Wahlleiter noch einmal nachzählen lassen und siehe da nun wurde eine Stimme mehr für mich ermittelt, es entfielen also 50 % und eine Stimme auf mich. Den Gratulanten mit der Blaskapelle sagte ich, dass ich es mir überlege ob ich die Wahl annehme.
Am nächsten Tag fuhr ich ins Dorf und traf dort den alterfahrenen Herrn Emil Weigand, ich sprach mit ihm und fragte dabei: „Was meinst du Emil, soll ich die Wahl zum Bürgermeister annehmen?“
Er gab mir zur Antwort: „Eener muss die Söui hüat”
Ich nahm dann doch die Wahl an und wuchs in das Amt hinein. Zudem hatte ich sehr gute Gemeinderäte die mich voll unterstützten.